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Subskription für deutschen Wein:
Dallmayr-Probe im Alten Rathaus

Das Rezept ist so kompliziert wie kundenfeindlich: Man nehme einen Wein, der noch nicht in Flaschen abgefüllt ist, dessen endgültige Entwicklung im Fass nicht wirklich abzusehen ist. Man lasse Heerscharen von Weinkritikern antreten, die enorme Anstrengungen vollbringen, indem sie unreife, tanninlastige Frühchen durchprobieren, um spätestens nach dem zehnten ein Gefühl im Mund zu haben wie nach dem Zahnarzt. Man lasse die so Gequälten die Entwicklung des Weins prophezeien – was bei einem ungewöhnlichen Jahrgang wie 2003 besonders schwierig ist. Alsdann lasse man den Kunden einen horrenden Preis dafür bezahlen, dass er das, was einmal ein Wein sein soll, sein eigen nennen darf, ohne dass er es mit nach Hause nehmen darf. Der Wein verbleibt im Weingut, der Händler hat das Geld, der Kunde ist es los. Jetzt heißt es warten. Dass der Wein kommt. Dass er die Erwartungen erfüllt. Dass nichts Unvorhergesehenes passiert wie etwa eine Händlerpleite. Denn das finanzielle Risiko liegt beim Kunden. Tja, und vor allem wartet man darauf, dass die Nachfrage nach dem Gekauften so ansteigt, dass er rar wird und die ohnehin hohen Preise nochmal steigen. Denn nur dann war es schlau, sich den Wein vorab zu sichern und die Katze im Sack zu kaufen. Bei Bordeaux waren in den letzten Jahren die vorab kaufenden Kunden selten die Schlauen. Zur Zeit ist von den jüngeren Jahrgängen alles auf dem Markt, was das Herz begehrt, und zwar zu Preisen, die nicht selten unter dem Subskriptionspreis liegen. Ob, was für Bordeaux inzwischen pure Unvernunft ist, jetzt für deutschen Wein sinnvoll ist? Bei der Dallmayr-Frühjahrs-Weinprobe im Alten Rathaus jedenfalls gab es zwei Premieren: Zum ersten Mal war die Probe ausschließlich deutschem Wein gewidmet. Der Andrang war riesig, »vor allem junges Publikum«, wie Pressesprecherin Sunny Randlkofer erfreut feststellte. Und, ebenfalls zum ersten Mal, wurden Fassproben vorgestellt, die von der werten Kundschaft bitte in Subskription geordert werden sollten. Haag, Meyer-Näkel, Dönnhoff, Egon Müller, Weil, Künstler, Wegeler, Löwenstein, Fürst, Buhl und Koehler-Ruprecht und natürlich Bernhard Breuer, alle waren sie gekommen, um ihre Babys zu präsentieren. Vielleicht ist das Prinzip Subskription bei deutschem Wein derzeit gar nicht mal so unvernünftig. Denn die – auch international – steigende Nachfrage vor allem nach hochklassigem deutschem Riesling lässt es geboten scheinen, sich rechtzeitig ein paar besonders gute Flaschen zu sichern. Übrigens waren die allerteuersten Tropfen – Egon Müllers Scharzhofberger Riesling Auslese, die Flasche zu 136 Euro, von Dallmayr-Weinmann Stefan Weiß mit 97 Punkten bewertet – als erstes ausverkauft. Was die deutschen Fassproben im Vergleich zu Bordeaux um einiges verträglicher macht: Da es sich überwiegend um Weißwein handelt, fällt das Mördertannin weg, das den Gaumen örtlich betäubt.